Gottesdienst aus Berlin

Frieden heißt neu anfangen
evangelisch
Sonntag, 9. Mai 2004 - 9:30

Dieser bedeutsame Titel des Gottesdienstes aus Berlin ist überlegt gewählt. In keiner anderen Stadt wird der Begriff des „Neuanfangs“ so deutlich wie in Berlin – vor allem bei Betrachtung des ehemaligen Todesstreifens. Deshalb wird der Gottesdienst an diesem Sonntag auch an einem geschichtsträchtigen Ort gefeiert: die Versöhnungskirche in Berlin-Mitte ist Zeichen des Neuanfangs und gleichzeitig Mahnmal und Teil der Gedenkstätte Berliner Mauer, und erlebte selbst einen echten Neuanfang.
 
Der Anfang von Frieden ist die Versöhnung
Jeder Kampf, jeder Krieg, jede Feindschaft, jeder Streit muss einmal beendet werden, um das zu erlangen, wonach sich alle Menschen sehnen: Frieden! Dabei gilt es die Vergangenheit hinter sich zu lassen – aber ohne zu vergessen. Es gilt alte Vorurteile zu überwinden, verhärtete Fronten aufzuweichen und einen Neuanfang zu machen. Und der Anfang jeden Friedens ist die Versöhnung.
 
Eine Gemeinde ohne Kirche
Über Jahrzehnte hinweg war der große, neugotische Backsteinbau der Versöhnungskirche das Zentrum für den Zusammenhalt der dortigen Gemeinde. Dann kam der 13. August 1961. Ein Tag, der für die Gemeinde der Versöhnung und ihre Kirche von schicksalhafter Bedeutung sein sollte. Denn die DDR begann mit dem Bau der Mauer. Und die Versöhnungskirche lag mitten im Sperrgebiet. Im Niemandsland. Für niemanden zugänglich. Als den Staatsoberhäuptern der DDR der Todesstreifen zu unübersichtlich erschien, beschloss man die Kirche 1985 zu sprengen. Das Bild vom umstürzenden Kirchturm ging damals um die Welt.
 
Der Glaube überwindet Mauern
Vier Jahre später, 1989, fiel die Mauer! Die Menschen in der Gemeinde waren wiedervereint. Auf dem Fundament des alten Chorraumes entstand ein neuer Ort der Versöhnung – aus Lehm und Holz, weil Beton der Baustoff der Mauer war. Das Abendmahlsgerät, die Taufschale, die Altarbibel, der Altar und sogar die Glocken wurden wiedergefunden oder zurückgegeben und in den zeitgemäßen Neubau mit einbezogen. Einzigartig ist die Architektur des Kapellenbaus, der eine wohltuende Wärme ausstrahlt. Als Zeichen der Erinnerung, als Ausdruck des Dankes für die Überwindung der Spaltung Berlins und der Trennung Deutschlands und Europas und als Symbol der Hoffnung steht nun an diesem bedeutsamen Platz ein Raum der Stille, der Andacht und der Versöhnung.